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Wie lange hält ein Fahrrad?

Wie lange hält ein Fahrrad? - Reparadius
Bild von Pexels auf Pixabay

Lesedauer ca. 13 Minuten

Wenn wir ein Auto kaufen, wissen wir: Dieser Kauf ist nicht für die Ewigkeit. Die Statistik sagt, dass PKWs eine durchschnittliche Lebensdauer von 12 Jahren haben. Doch wie ist es mit dem Fahrrad? Wie lange hält das?

Auch Fahrräder haben eine begrenzte Lebensdauer. Fachleute gehen von 10 bis 12 Jahren und einer Gesamt-Laufleistung von ca. 10.000 bis 12.000 km aus. Das sind die Durchschnittswerte. Aber wie sieht das im Detail aus und wovon hängt die Lebensdauer ab?

Ein 60 Jahre altes Rennrad. Neu lackiert und mit Neuteilen instandgesetzt. Kosten: ca. 1.000 Euro. Eine Restaurierung kommt dann in Frage, wenn Sie an Ihrem Rad hängen und gar nichts mehr geht. (Bildquelle: Zweileben Bikes / Stuttgart)

Faktor 1: Pflege

Beim Auto kennt das jeder: Das Service-Scheckheft. Beim Fahrrad jedoch ist eine regelmäßige Pflege jedoch meist die Ausnahme. Gemacht wird nur etwas, wenn es nicht tut. Doch muss man nicht jedes Jahr in die Werkstatt laufen, um eine Mindest-Pflege zu gewährleisten. Das kann selbst gemacht werden:

a) Kette ölen

Eine rostige Kette quietscht und erhöht den Tretwiderstand. Bei Kettenschaltungen wird die Schaltung zudem nicht gut funktionieren. Daher: Ab und an Nähmaschinenöl oder Fahrradöl drauf geben. So dass die Kette von Öl feucht ist, nicht mehr. 

Kette ölen hilft und lässt sich leicht selbst machen. Gibts u.a. im Obi Baumarkt für 3,99 Euro. (Bildquelle: Obi Deutschland / Emil Lux GmbH / Wermelskirchen)

b) Bremsen nachstellen

Wenn Ihr Rad Bremsgummis hat, können Sie hier die Bremswirkung nachstellen. Dazu gibt es am Bremshebel Einstellschrauben. Wenn Sie daran drehen, gehen die Bremsgummis wieder näher an die Felge dran, das Spiel wird verringert. Wenn die Gummis allerdings runter sind, helfen nur neue Bremsbeläge.

c) Aufpumpen

Die Erfahrung sagt: Wenn Sie die Drückprobe mit dem Finger machen und glauben, der Reifen sei jetzt hart genug, dann ist gerade mal die Hälfte der Luft drin, die drin sein sollte. Der Reifen muss hart sein und nicht schlabberig. Warum? Ein weicher Reifen erhöht den Rollwiderstand. Mangelnder Luftdruck verkürzt zudem die Lebensdauer des Reifens stark, weil er dann beim fahren zu stark durchgewalkt wird (d.h. durchgeknetet wird). Benutzen Sie daher eine Pumpe mit Anzeige des Drucks. Wieviel Druck rein muss, steht auf jedem Reifen drauf, zwar kleingedruckt, aber immerhin. Zudem: Wenn zu wenig Luft drin ist, wird das Überqueren eines Randsteins leicht dazu führen, dass ihr Rad einen Achter bekommt, weil der Reifen den Schlag nicht abfedern kann und es direkt auf die Felge wirkt.

d) Putzen

Beim Putzen geht es nicht um die Schönheit. Wenn die Bremsen oder die Felgen dreckig sind, wird die Bremse nicht gut tun. Wenn ständig Dreck drauf ist, wird der Rost kommen. Mit Dreck auf der Kassette (das sind die Zahnkränze hinten bei der Kettenschaltung) wird das Schalten zum Glücksspiel.

Faktor 2: Komplexität des Fahrrads

Je aufwändiger die Technik, umso schneller geht etwas kaputt. Ein einfacher Merksatz.

a) Eingang- oder Dreigangrad

Wo nichts dran ist, kann auch nichts kaputt gehen. An einem einfachen Rad versagen mal die Bremsen oder die Kette. Oder die Reifen sind runter, aber letzteres ist bei allen Räder so. Low-Tec-Räder werden alt. Die geschlossene Dreigang-Nabenschaltung hält sehr lange. Oft mehr als 50 Jahre.

b) Mehrgang-Rad mit Nabenschaltung

Nabenschaltungen sind gekapselt - die Zahnräder laufen innerhalb der Nabe und sind daher geschützt. Daher halten diese Schaltungen sehr lange. Und sie sind wartungsarm. Häufig reisst der Zug oder der Schalthebel (aus Kunststoff) bricht ab. Aber die Nabe hält. Wer nicht ständig an der Schaltung etwas nachstellen will, ist mit einer Nabenschaltung gut bedient. Und das Rad hat eine hohe Lebensdauer. Aber: Eine gute Nabenschaltung ist teurer als eine Kettenschaltung.

c) Kettenschaltung

Die Kettenschaltung ist wartungsintensiv. Wenn Sie hier nichts machen, wird Ihr Fahrrad nicht alt. Und: Je mehr Gänge die Schaltung hat, umso mehr Aufmerksamkeit müssen Sie Ihr widmen. Viele Gänge sind zwar schön, es sei allerdings die Frage erlaubt, ob diese notwendig sind. Je mehr Gänge, umso kürzer werden die Schaltwege und müssen präzise eingestellt sein. Viele Gänge heisst auch, dass die Kette sehr schmal (und auch teuer) ist. Sieben bis acht Gänge sind wirtschaftlich und von der Wartung her noch gangbar. 10 Gänge und mehr bedeuten Arbeit und Pflegeaufwand.

Kassette der Kettenschaltung. Kettenschaltungen sind wartungsintensiver als Nabenschaltungen. Die Schaltung muss öfter eingestellt werden. (Bildquelle: Shimano)

d) Elektroantrieb

Hoher Grad an Komplexität. Glauben Sie nicht dem Händler, der sagt, die Technik sei einfach. Sie ist es nicht. Zusätzlich zu der vorher beschriebenen Schaltungsthematik kommt das Thema Elektronik hinzu. Seien Sie sich bewusst, dass der Akku nicht ewig hält und dann hohe Folgekosten kommen. Ein neuer Akku kostet leicht 500 Euro und wird nach spätestens 5 Jahren fällig. An der Elektrik können Sie nichts selbst machen. Und viele Händler auch nur begrenzt. Bei Defekten werden meist die Komponenten ersetzt, da sie oft gar nicht repariert werden können. Bei einem Problem nach Ende der Garantiezeit ist dann schnell die Lebensdauer des E-Bikes zu Ende, weil die Reparaturkosten gigantisch sind.

Wenn Sie ein billiges China-Modell kaufen, oder ein superneues Modell eines Start-Up-Unternehmens, kann es sein, dass Ihre Investition nur von kurzer Dauer ist. China Modell: Oft gibt es nach kurzer Zeit keinen technischen Support mehr. Der Händler kann (und will) nichts tun, gerade wenn Sie das Ding im Versandhandel gekauft haben. Start-Up: Die Branche ist ständig im Umbruch und immer neue Anbieter versuchen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Resultat: Auch gute Ideen können scheitern. Und Sie haben dann ein Rad, zu dem es nach zwei Jahren keinerlei Ersatzteile mehr gibt.

Lange Lebensdauer heisst hier: Ein Mainstream-Modell wählen. Mit Bosch-Motor zum Beispiel. Keine exotischen Marken, bitte. Investitions-Sicherheit geht vor.

Faktor 3: Rahmenmaterial

Das tragende Gerüst Ihres Drahtesels ist der Rahmen. Und der kann aus verschiedenen Materialien hergestellt sein, die sich von der Haltbarkeit und Lebensdauer unterscheiden.

a) Stahlrahmen

Heute eher selten. Früher die Regel. Stahlrahmen wird das hohe Gewicht vorgeworfen. Grundsätzlich ist Stahl dreimal schwerer als Alu, hat aber die dreifache Materialfestigkeit. Bei gleichem Rohrdurchmesser des Rahmens braucht man bei Alu also die dreifache Menge an Material. Damit ist leicht der Gewichtsvorteil futsch. Ausserdem hat Stahl eine höhere Dauerschwingfestigkeit, ist also langlebiger. Gebrochene Stahlrahmen sind selten. Wenn es nicht um Gramm-Gewichte geht, ist ein Stahlrahmen eine gute Wahl, und das entgegen der landläufigen Meinung. Ausserdem: Wenn es um das Recycling geht, hat der Stahlrahmen auch die Nase vorne.

Das VSF T50 mit Stahlrahmen von der VSF Fahrradmanufaktur. Kostet ca. 900 Euro und ist eine sehr gute Wahl, wenn man ein Fahrrad mit langer Lebensdauer haben will. (Bildquelle: VSF / cycle union GmbH / Oldenburg)

b) Alurahmen

Das zur Zeit meist verwendete Material. Doch wie sieht es mit Gewicht und Lebensdauer aus? Die Lebensdauer ist deutlich kürzer als bei Stahlrahmen. Ein sehr leichter Alurahmen hat dünne Wände und kann daher Risse bekommen. Ein Rahmen mit dickerem Material tut das nicht und ist dann gleich schwer wie ein Stahlrahmen. Rahmenbruch tritt bei Alurahmen viel häufiger auf als bei Stahlrahmen.

Häufig wird beim Kauf gesagt, Alu könne nicht rosten. Stimmt. Weil Rost Eisenoxid ist. Aber es gibt auch Aluminium-Oxid, d.h. auch ein Alurahmen korrodiert. Wo Wasser an ungeschütztes Alu hinkommt, entsteht weisses Alu-Oxid, also zunächst weisse Punkte, die sich zu abblätternden weissen Flächen erweitern können. Recycling? Ja, möglich. Man kann dann immerhin noch Kapseln für Kaffee draus machen.

c) Edelstahlrahmen

Sehr exotisch aber auch sehr haltbar. Es gibt kaum Räder mit Edelstahlrahmen, und die sind dann auch teuer. Kann nicht rosten und hält ewig.  

Ein Carbon E-Bike von Bulls. Ziemlich leicht und elektrisch. Dieses Rad zeigt, was derzeit technisch machbar ist. Das hat allerdings seinen Preis: ca. 6.500 Euro. Und es wird nur alt werden, wenn Sie es regelmäßig warten lassen. (Bildquelle: Bulls, eurorad / Köln)

d) Carbonrahmen

Tolles, leichtes Material. Aber von eher kurzer Lebensdauer und teuer. Mögliche Beschädigungen sind mit blossem Auge nicht erkennbar, gerade nach Stürzen. Ein Wiederverkaufswert ist zudem gering, da ein gebrauchter Carbonrahmen eine Wundertüte in negativer Richtung sein kann. Die Spitze der Komplexität ist also ein Carbon-Fahrrad mit 12 Gängen und einem Elektro-Antrieb. Das ist zwar State-Of-The-Art, nice to have, aber von kurzer Lebensdauer. Recycling? Geht nicht.

Konklusion: Was also machen?

Wenn Sie ein technisch komplexes Fahrrad haben, so sollten Sie regelmässige Wartungen durch den Händler durchführen lassen und diese Kosten auch schon beim Kauf mit einkalkulieren. Nur so können Sie eine hohe Lebensdauer Ihres Rades erreichen. Die Kosten für eine halbjährige Wartung sind durchschnittlich mit vielleicht 150 Euro anzusetzen. Das macht in 10 Jahren 3.000 Euro, beim E-Bike kommt hier noch ein neuer Akku hinzu, also Gesamt ca. 3.500 Euro.

Sie haben ein einfacheres Fahrrad? So erhöhen Sie die Lebensdauer: Mit Pflege. Was Sie selbst machen können, wurde schon beschrieben. Lassen Sie aber auch hier Ihr Rad vom Händler oder Reparatur-Betrieb einmal jährlich durchsehen. Gehen wir hier von 100 Euro pro Wartung aus, sind das in 10 Jahren 1000 Euro. Wenn Sie das in Relation zu den Wartungskosten Ihres Autos setzen, ist es wenig.

(Christoph Preussler)

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